Die NN veröffentlichte in ihrer Wochenendsausgabe vom 31.10.2015 einen Artikel zum Thema Veganismus.

Darin wird vegane Ernährung als unbequem, mühselig und unverständlich dargestellt.

http://www.nordbayern.de/ressorts/szene-extra/selbstversuch-so-fuhlt-es-sich-an-eine-woche-veganer-zu-sein-1.4739386?searched=true

 

Unsere Antwort wurde auf der Homepage des Blattes veröffentlicht und schaffte es in Auszügen sogar in die Print-Ausgabe:

 

Tag 1: Keine Aufregung

Am Samstag war ich für meine Woche einkaufen. Das hat gar nicht lange gedauert, da ich einfach das in meinen Wagen packe, worauf ich Lust habe und ich mir leisten kann. Ich kann mich glücklich schätzen, mich nicht zu den Menschen zu zählen, welche sich beim Einkaufen über alles Gedanken machen müssen. Wo kommen meine Lebensmittel her, wie werden sie produziert und verarbeitet, wachsen Fleisch, Milch und Eier an Bäumen?

 

Tag 2: Billige Süßigkeiten

Ich stehe vor dem Süßigkeitenregal und packe mir Milka, Snickers und Co. in meinen Einkaufswagen. Ich freue mich schon darauf, für so wenig Geld meine Endorphinproduktion in Gang zu setzen. Links neben mir steht ein Hippie und kauft sich für vier Euro eine einzige Tafel Reismilchschokolade. „So ein Trottel“, denke ich mir, „Offenbar hat er nicht verstanden, dass die Kuh für ihre Milch und der Kindersklave auf der Kakaoplantage keine Rechnung stellen, der gierige Bio-Reisbauer und Fair-Trade Kakaoplantagenarbeiter allerdings schon.“

 

Tag 3: Futterneid

Heute hat mein veganer Mitbewohner groß aufgekocht. Ich habe mir zwar meinen Döner „mit alles“ bestellt, aber irgendwie übertrifft seine Mahlzeit mein Fleischbrötchen an Kreativität und Vielfalt der Geschmäcker.

Da ich keine Essenskomplexe habe, schlage ich natürlich sofort ausgiebig zu. Ich esse mich so voll, dass ich keinen Platz mehr für meinen Döner habe. „Großartig!“, rufe ich aus, „Morgen werde ich für uns kochen.“ Er schaut mich mit leuchtenden Augen an. „Vegan?“, fragt er.  Lachend erwidere ich, dass es mir wohl kaum möglich ist, ein schmackhaftes und sättigendes veganes Mahl hinzubekommen.

 

Tag 4: Tiefpunkt erreicht

Heute gab es in der Mensa wieder nur einen Veggie-Gemüseauflauf. In meinem Tagtraum pflücke ich mir ein leckeres Steak von meinem Schnitzelbaum. Für ein Stück Fleisch würde ich mittlerweile morden. Wobei –  Das macht ja schon mein Metzger für mich.

 

Tag 5: Abschiedsfeier vegan

Heute nimmt mich mein Mitbewohner zu einer Abschiedsfeier einer Freundin mit. Er warnt mich freundlicherweise schon am Mittag, dass sein Freund*innenkreis vegan lebt, aber auch ein paar gute Köche darunter sind. Ich bestelle mir vorsorglich eine doppelte Portion Gulasch zu Mittag und verputze auf dem Weg zur Feier noch drei Hamburger, damit ich nicht den ganzen Abend Hunger leiden muss. Mit einem übervollen Magen komme ich an und stehe vor dem größten Menü, welches ich je auf einer privaten Feier gesehen habe. Beim bloßen Ausstrecken meines Armes warnt mich mein Körper davor, auch nur einen Bissen zu nehmen ohne Gefahr zu laufen, meinen Magen zum Platzen zu bringen. Wehleidig wende ich mich also ab und verbringe den Abend mit vielen netten Gesprächen, was mich stark wundert, denn ich habe ich mir diese „Ökos“ doch immer als schrägen, weltfremden Haufen vorgestellt

Kurz bevor wir gehen wende ich mich noch einmal zum Buffet um wenigstens ein kleines Häppchen zu probieren, da mein Magen nicht mehr ganz so voll ist. Mit Bedauern sehe ich, dass alles aufgegessen wurde. Alles, bis auf: Brot.

 

 Tag 6: Selbstgemacht

Ich beschließe heute mit meinem Mitbewohner einzukaufen und zu kochen. Noch nie habe ich mich so intensiv damit auseinandergesetzt, was ich kaufe und wie ich es verarbeite. Ich habe beim anschließenden Essen nicht nur ein ultimatives Geschmackserlebnis, auch mein Verstand fühlt sich wohl, da er all die negativen Auswirkungen, die mein Handeln sonst auf meine Umwelt hat, nicht mühevoll unterdrücken muss um kein schlechtes Gewissen zu bekommen, sondern mit sich und meinen Taten im Reinen ist.

 

 

Tag 7: Der letzte Tag

Meine Gefühle fahren Achterbahn. Mich erfasst eine tiefgreifende Erkenntnis: JA, vegan Leben ist eine Herausforderung.  Denn es ist eine Herausforderung sein Handeln kritisch zu hinterfragen und zu erkennen, dass man in vielen Lebensbereichen zu bereitwillig darüber hinweggesehen hat, welche Konsequenzen das eigene Handeln haben kann.

 

Den Preis für unsere billigen Lebensmittel zahlen heute nicht wir mit unserem Geld, sondern andere. Ausgebeutete Kindersklaven in Westafrika, genauso wie misshandelte Tiere in deutschen Massenzuchtanlagen oder ein kollabierendes Weltklima.

Vegan zu leben bedeutet nicht nur stumpf Fleisch- und Milchersatzprodukte zu kaufen. Ein kritisches Reflektieren der eigenen Lebensweise gehört dazu, ebenso wie ein freudiges und experimentelles Kochverhalten.

Wir laden die Autorin gerne ein sich mit uns in Verbindung zu setzen. Wir würden uns freuen, gemeinsam mit ihr und Anderen über das Thema „Veganismus“ zu diskutieren und vielleicht auch gemeinsam vegan zu kochen.

 

Denn was wir essen hat nicht nur Auswirkungen auf unsere Geschmacksnerven und Geldbeutel. Unsere Handlungen haben Auswirkungen auf Menschen, Tiere und Umwelt. Das muss uns immer bewusst sein.